Medinetz Hannover fordert hürdenfreien Zugang zur Covid-19-Prävention, -Testung und -Behandlung sowie Rücknahme der Meldepflicht gegenüber der Polizei

(Hannover, 17.04.2020) Medinetz Hannover fordert von der niedersächsischen Landesregierung „konkrete Vorschläge, wie für Menschen ohne Krankenversicherung sowie Menschen ohne definierten Aufenthaltsstatus, ein hürdenfreier Zugang zur Covid-19 Prävention, -Testung und -Behandlung gewährleistet werden kann.“, so Sprecherin Lisa Palm. Gemeinsam mit den in diesem Bereich aktiven zivilgesellschaftlichen Akteuren, solle die Landesregierung ein Konzept entwickeln, wie für die Betroffenen auch langfristig ein regulärer Zugang zum Gesundheitssystem gewährleistet werden könne.  „Der Erlass des niedersächsischen Sozialministeriums zur Meldepflicht von Covid-19 Fällen an die Polizei muss umgehend vom Tisch!“ fordert Palm weiter.

Die Richtlinien des Robert Koch Institutes seien umfassend und sollten nach Auffassung von Medinetz der Maßstab zur Regelung der Meldepflicht sein. (Vgl.:https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Empfehlung_Meldung.html;jsessionid=48718357EE1A1A683035D00982147A2D.internet062)

Die ehrenamtliche Hilfsorganisation wendet sich aktuell in einem Brief an „Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger (…) in großer Sorge, weil wir eine riskante Situation für die Betroffenen und die Gesellschaft insgesamt durch Lücken in der Covid-19-Prävention sehen.“ Der Brief richtet sich an kommunalpolitisch Verantwortliche in der Region Hannover, sowie Landtagsabgeordnete und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens.

 „Wir wurden von der Landesregierung bisher leider mehrfach vertröstet. Aus unserer Sicht ist jedoch ein schnelles und wirksames Handeln gefordert.“, fasst Lisa Palm vom Medinetz-Vorstand die Reaktionen auf einen dringlichen offenen Brief vom 27. März an die Landesregierung und den Krisenstab zusammen.

Am 31. März hat die Landesregierung eine Regelung erlassen, nach der Covid-19 Fälle unmittelbar der Polizei gemeldet werden sollen. Lisa Palm vom Medinetz Hannover e.V. findet dafür deutliche Worte: „Dies steht einem hürdenfreien Zugang zur Covid-19 Prävention, -Testung und -Behandlung fundamental entgegen und verstößt auch nach Auffassung der niedersächsischen Datenschutzbeauftragten Barbara Thiel gegen Grundsätze des Datenschutzes. Wir fordern die unverzügliche Rücknahme dieser Regelung!“. Ärztinnen und Ärzte würden damit in einen unnötigen Konflikt mit ihrer ärztlichen Schweigepflicht gebracht und das ärztliche Vertrauensverhältnis gestört, so das Medinetz Hannover e.V. weiter.

Das Medinetz Hannover e.V. stellt in der aktuellen Situation die folgenden Forderungen:
• Die Etablierung einer Gesundheitshilfe für Menschen ohne Krankenversicherung.
• Gewährleistung der Datensicherheit durch ein Verbot der Weitergabe von persönlichen Daten an die Ausländerbehörde oder Polizei, wenn ambulante oder stationäre medizinische Diagnostik oder Versorgung in Anspruch genommen werden (Aussetzung der Übermittlungspflicht nach §87 AufenthG). Dazu ist aus unserer Sicht ein Erlass der zuständige Landesbehörde notwendig. Ansonsten ist zu erwarten, dass die Versorgungsangebote von Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus aus Angst vor Abschiebung nicht wahrgenommen werden.
• Die Rücknahme des Erlasses vom 31. März
• Sicherstellung der Kostenübernahme für die Diagnostik und Behandlung von Covid-19 für alle Menschen (bei Bedarf anonym) nach §25 SGB XII durch das Sozialamt. Die Feststellung der Mittellosigkeit erfolgt dabei unbürokratisch entsprechend §19(2) IfSG.

Hintergrund zum Medinetz Hannover e.V.:
Als ehrenamtlich tätige Organisation unterstützt das Medinetz Hannover e.V. Menschen ohne regulären Zugang zum Gesundheitssystem. Hiervon sind neben Menschen ohne definierten Aufenthaltsstatus auch EU-Bürger*innen und Menschen aus Drittstaaten (Nicht-EU-Mitgliedsländer) ohne wirksamen Versicherungsschutz sowie deutsche Staatsbürger, die aufgrund einer finanziellen oder sozialen Notlage ihre Beiträge nicht bezahlen können, betroffen.
https://www.medinetz-hannover.de/de

Offener Brief an Entscheidungsträger*innen

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